Klimawandel als Innovationsschub

Hochkarätiges Eurotours-Kamingespräch zum Thema „Klimawandel & Reisen“

Vergangenen Freitag veranstaltete Eurotours anlässlich der 6. European Tourism Golf Challenge in Hochkitzbühel ein Presse-Kamingespräch, an dem neben Eurotours-Geschäftsführer Hans-Dieter Toth auch der Vorstandsvorsitzende der TUI Austria-Holding, Klaus Pümpel, ÖBB-Holding-Vorstandssprecher Martin Huber, der Vorstandsvorsitzende der Motel One AG, Dieter Müller, sowie Egon Smeral vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) teilnahmen. Dabei wurde über die Herausforderungen und Chancen diskutiert, die der Klimawandel für den heimischen Tourismus bringt.

KITZBÜHEL. Nachdem vor wenigen Tagen in Wien eine parlamentarische Enquete zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die heimischen Tourismusbetriebe über die Bühne gegangen ist, haben sich letzte Woche auf Einladung von Eurotours Tourismusexperten aus Österreich und Deutschland in Kitzbühel getroffen, um ihre Sicht der Dinge zu erörtern. Ziel der Veranstaltung war es, sich von der aktuellen Panikmache zu distanzieren und stattdessen ein realistisches Bild von der touristischen Zukunft der Tourismusdestination Alpen zu zeichnen.

Egon Smeral vom WIFO gab gleich einleitend zu bedenken, dass aktuelle Klimamodelle zum Ergebnis kommen, „dass in Österreich in den nächsten 30 Jahren die Temperaturen um zwei bis vier Grad ansteigen könnten“. Allerdings handle es sich um „einseitige Simulationen, welche die Entwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft nicht berücksichtigen, und daher mit Vorsicht zu genießen sind“, warnte Smeral. Nichtsdestotrotz würde eine tatsächliche Erwärmung zur Folge haben, dass die Skigebiete weniger würden, die Skisaison kürzer werde, und der Skisport sich aufgrund der Verknappung des Angebots zu einer elitären Freizeitbeschäftigung entwickeln könnte, so Smeral weiter. Als Beispiel nannte er eine OECD-Studie, derzufolge bei einer Erwärmung um nur einen Grad von den 228 Skigebieten in Österreich ein Drittel wegfallen würde. Bei zwei Grad wären es rund 50, bei vier Grad fast 80 Prozent. In der Schweiz gehen die Banken nach Aussage von Smeral mittlerweile sogar schon so weit, dass Skigebiete, die tiefer als 1.500 Meter liegen, nur mehr sehr teure oder gar keine Kredite mehr bekommen.

Weitaus positiver sieht Smeral hingegen Österreichs Chancen im Sommertourismus: Sollten die Simulationsmodelle Recht behalten und die Temperaturen im Mittelmeerraum um bis zu fünf Grad ansteigen, dann könne eine Umlenkung der Reiseströme weg vom Meer in Richtung gemäßigterer Regionen wie den Alpen eintreten. Andererseits seien die globalen Auswirkungen unter Umständen katastrophal, so der WIFO-Experte: „Wenn in der Karibik die mittlere Temperatur nur um ein Grad ansteigt, wäre dort praktisch permanent Hurrikan-Saison.“

Insgesamt kam Smeral zum Schluss, dass der Klimawandel durchaus Chancen für den alpinen Sommertourismus biete, man hingegen im Winter verstärkt auch auf Produkte setzen müsse, die nicht nur schneegebunden seien.

Dieter Müller von der Motel One AG zufolge überwiegen touristisch gesehen die positiven Seiten eines Klimawandels: „Wenn die Wintersaison kürzer wird, aber dennoch intensiv ist, dann ist das für uns noch kein Beinbruch.“ Sollte die Sommersaison aber im Gegenzug länger werden, so sei das umso erfreulicher. Eurotours- Geschäftsführer Hans-Dieter Toth ortet in einer kürzeren Wintersaison ebenfalls nicht das zentrale Thema. „Unser Problem ist der Sommer. Da verdienen wir in der Hotellerie einfach viel zu wenig.“ Toth ist aber überzeugt, dass mit intelligenten Produkten ein entsprechender Aufschwung auch im Sommer möglich wäre.

ÖBB-Holding-Chef Martin Huber sieht die zentrale Reiseentscheidung künftig in der Wahl des Verkehrsmittels. „Man muss sich vor Augen halten, dass die Bahn für 100 Personenkilometer einen CO2-Ausstoß von 0,8 Kilogramm hat und das Auto von 15,1 Kilogramm.“ Darin liege vor dem Hintergrund der Umweltdiskussion auch die große Chance der Bahn. Von einer Mobilitätsbeschränkung, wie sie von Umweltminister Josef Pröll angedacht wurde, hält Huber unterdessen nichts, sprach sich aber gleichzeitig für mehr Kostenwahrheit aus: „Es kann künftig nicht sein, dass das Flugzeug 60 mal mehr Schadstoffemissionen produziert als die Bahn, aber beim Kerosin steuerbefreit ist.“ Die Mittel aus der Kerosinbesteuerung sollten laut Huber in den Infrastrukturausbau jener Verkehrsmittel investiert werden, die den geringsten Schadstoffausstoß haben.

Huber plädierte dafür, das Flugzeug dort zu substituieren, wo dies Sinn mache, also auf Distanzen bis zu 1.000 Kilometer: „Sie können sicher sein, wenn die ÖBB ab 2012 in zwei Stunden und 15 Minuten von Salzburg nach Wien fahren, wird es auf dieser Strecke keinen Flug mehr geben.“ Eine „dramatische Reduktion“ des Flugverkehrs erwartet er auch auf der Verbindung Innsbruck-Wien, welche die ÖBB ab 2012 in drei Stunden und 45 Minuten bedienen möchten.

Klaus Pümpel von der TUI Austria forderte mehr Kreativität in der Produktgestaltung, vor allem was den Winter betreffe. Derzeit versuche man mit Beschneiungsanlagen den Wintertourismus in Schwung zu halten, weil man momentan keine anderen Antworten habe. Pümpel warnte jedoch davor zu glauben, „dass wir mit technischen Mitteln die Erwartungen an das Urlaubsland Österreich erfüllen können“. Das, was Österreich ausmache, dürften nicht künstliche Welten sein, so Pümpel.

Auch für Pümpel geht die Frage eher dahin, „welches Verkehrsmittel man künftig wählt“. Er erwartet hingegen nicht, dass die aktuelle Klimadiskussion die Urlaubsströme wirklich bremsen oder stoppen könne. Dafür sei Reisen ein viel zu zentrales Thema im menschlichen Leben geworden, erklärte Pümpel. Österreichs Chancen sieht er künftig vor allem im Sommertourismus: „Vielleicht haben wir Glück, und der Klimawandel beschert uns ein mediterranes Klima.“ Auf jeden Fall könne das heimische Kernprodukt durch die Besinnung auf die bestehenden Stärken „einer heilen Umwelt, einer wunderschönen Natur in Verbindung mit einer perfekten Hardware und freundlichen Menschen, die für die Gäste sorgen“ im Bewusstsein der Reisenden einen völlig neuen Stellenwert bekommen, sofern man dies entsprechend klar und deutlich kommuniziere, ist Pümpel überzeugt.

Dieser Meinung schloss sich auch Eurotours-Chef Hans-Dieter Toth an. Er kritisierte, dass Themen wie Berglandschaft und gesundes Klima bisher „nicht massiv genug in die Märkte hinausgetragen worden sind“. Die Reisenden würden diesbezüglich immer sensibler, und daher glaubt Toth, „dass der Klimawandel sicherlich einen zusätzlichen Schub bringt, uns auf unsere Stärken zu besinnen“. Es gelte nun, diesen Anstoß für die Entwicklung neuer, innovativer touristischer Produkte zu nutzen. Der Klimawandel könne dazu beitragen, dass die touristischen Leistungsträger wieder intensiver über neue Projekte nachdenken. Denn „dann hätten wir eine Chance, den Sommertourismus zu beleben und auch im Sommer endlich einmal einen guten Preis in der Hotellerie zu erzielen“, zeigte sich Toth zuversichtlich.

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